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Endlich angekommen


Ungefähr ein Jahr ist es her, als ich einen Text mit dem Titel Donnerstag verfasste. Donnerstag handelte von Unsicherheiten, Sorgen, Glauben und Selbstbestimmung.

Unsicherheiten, weil ich nicht für mich selbst stehen konnte - Sorgen, verursacht von einer Welt der Hab- und Machtgier - Glauben daran, dass es eines Tages besser wird - Und Selbstbestimmung, da ich mich nicht auf irgendjemanden verlassen konnte.

Der Text reflektierte meine damalige Lebenssituation. Mein Leben 2021 war praktisch nichts, genauso wie ich schon immer gelebt hatte. Ich konnte nicht so weiterleben.

Konnte mein Umfeld nicht mehr ertragen - Konnte meine Antriebslosigkeit nicht verarbeiten - Konnte mein Selbstvertrauen nicht so verkümmern lassen.


Als ein Mädchen aus meiner Klasse beim Vorlesen ihres sehr persöhnlichen Poetry Slam-Textes in Tränen ausbrach, dachte ich mir: «Fuck, ernsthaft? Weisst du wie scheisse es mir geht? Siehst du mich heulend mein Text voller Elend vorlesen?»

Ich fragte mich, ob man überhaupt glücklich sein konnte. Hatte nicht jeder seine eigenen Probleme, egal wie vollkommen die eigene Fassade schien. Was war Glück?


Ich konnte mich nicht so ausdrücken, ich konnte nicht wirklich schreiben was mich bedrückte - Wollte es nicht mitteilen - Verschleierte ich meine Aussagen mit nichts aussagen Klagen über dies und das. Ich hatte nicht die Sicherheit, da ich mich selbst nicht in mir wohlfühlte. Ich schämte mich für meine Probleme, schämte mich für mich selbst.

Schämte mich für mich selbst? Wie abgefuckt ist dieses Konzept. Wie tief muss die Stimmung, das Bild von einem selbst gesunken sein, damit man so etwas empfindet.


Ich sehe meinen Bruder an. Vielleicht plagen ihn die gleichen Sorgen, welche ich mit 15 hatte. Ich nicht mit ihm darüber reden. Er muss es selbst herausfinden. Vielleicht wird er später auf mich hören, nachdem er die gleichen Stadien der Selbstfindung durchlaufen hat, vielleicht werden wir beide über die Vergangenheit lachen. All die Erfahrungen, all der Schmerz meiner Jugend lassen mich mein Leben wertschätzen. Ich habe keine Depressionen, keine falschen Freunde, keine Komplexe, keine Schuldgefühle. Es war ein langer Weg zu meinem jetzigen Punkt. Ich bin niemandem ausser mit selbst etwas schuldig.


Wir schreiben 2022; das Ende der Covid-Pandemie der Beginn des Ukrainekonflikts. 2022, das bisher beste Jahr meines Lebens. Alles ist so wie es sein soll. Über was soll ich eine Kolumne schreiben? Alles ist perfekt. Ich bin selbstbewusst, manchmal bin selbst erstaunt darüber, wie selbstbewusst ich bin. Ich habe 17 Jahre damit verbracht zu existieren ohne zu Leben. Ich lebe. Ich habe mehr gute Freunde als ich es mir jemals hätte vorstellen können und es werden immer mehr. Ich trainiere und bin im Ausgang, habe einen Plan für mein Leben und bin am Punkt, ab dem ich sagen würde, wenn die Welt Morgen untergeht, dann würde ich denn letzten Tag genauso Leben wie jeden anderen.


Keinen Hass mehr auf schlechte Menschen, weil ich weiss, dass es gute gibt - Keine Rechtfertigung mehr gegenüber den Falschen, weil ich weiss, dass es die Richtigen verstehen - Keine Interesse mehr für das, was mich nichts angeht, denn bei mir passiert genug.


Mir ist alles andere egal, ich weiss das ich Leuten wichtig bin. Dass es Personen gibt, die mich mögen. Genauso. Mir ist egal, wer diesen Text zu Augen kriegt oder wie er gewertet wird. Endlich sind mir alle anderen egal. Ich bin angekommen, bin da wo ich schon immer sein wollte.


Im Ernst. Es gibt bestimmt welche, bestimmt enorm viele mit den gleichen Problemen. Welche nie zu Wort kommen – Welche nicht ernstgenommen werden - Welchen es an Freunden fehlt – welche sich wertlos fühlen - Welche jeden Tag mit den gleichen Gefühl aufwachen mit der Angst, dass es für immer so weitergeht.


Ich kannte dieses Gefühl, das Gefühl, was sich die meisten von euch nicht mal im Ansatz vorstellen können. Ich weiss, wie es war und ich weiss, dass es besser werden kann.

Öffne dich den guten Menschen, sei offen für alles und es wird sich eine Welt eröffnen, die deine Hoffnungen übersteigen wird. Aber wichtiger, vergesse nie den eigenen Wert. Scheiss auf alle, die dich nicht wertschätzen.

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